Tangomania
Der Tango fand in Argentinien, in Buenos Aires, so um 1850 bis 1890 seine Form, sein Zuhause, seinen Mythos, wanderte zum ersten Mal, so etwa um 1907, nach Frankreich, Paris, und wieder zurück, und wieder hin, so in den 30iger bis 50iger Jahren, und wieder zurück und wieder hin, so etwa in den 1980iger Jahren und so weiter und so weiter.
Das brachte nicht nur den Tango aus seinem Zuhause weg, in die Welt, sondern auch die Welt in den Tango Argentino, nach Buenos Aires.
Manche meinen, dies hätte den Tango Argentino verfeinert – nun …, vielleicht auch verwässert.
In Ländern wie Deutschland, Frankreich und den USA entfachte die erste Tangomanie eine heftige Debatte – der Tanz der Wilden und Ungezähmten.
Heute ist der Tango erheblich normiert, gezähmt und die „Tangotänzer sind gebildet und kultiviert“.
Mit dem „Richtigen“, mit dem ursprünglichen, mit dem argentinischen Tango hatte (und hat) das Ganze etwa soviel zu tun wie Ivan Rebroff mit der russischen Seele oder McDonald mit dem wilden Westen.
Vielleicht ist der Tango argentino aber auch erst so und erst damit zu der einzigartigen Mischung aus Melancholie und Sinnlichkeit, inniger Zweisamkeit und ausdrucks-, oder eher eindrucksvoller Improvisation geworden, die er für manche – denen es keinesfalls äußerlich anzusehen ist – rein innerlich darstellt; in aller Öffentlichkeit und dennoch intim.
(Quellen: 1)
Eine Melange, die mir gefällt!
Die Zeit zwischen 1935 und 1955 wird als das Goldene Zeitalter des Tangos bezeichnet.
Und es ist diese Zeit, in der Jacques Marie Emilie Lacan, unter den Psychoanalytikern, Philosophen und Intellektuellen im französischen Paris, sowohl in der Akademie als auch im Milieu (z.B. als Mitbeteiliger der surrealistischen Bewegung, als Freund von Salvador Dali oder als Leibarzt von Picasso) einen Effekt hatte, insbesondere aber den politischen Affekt einer ganzen Generation prägte.
Und, „als Astor Piazzolla 1954 mit einem Stipendium nach Paris ging, um Komposition zu studieren, verschwieg er seiner Professorin Nadia Boulanger zuerst, dass er in seiner Heimat Tangos gespielt und komponiert hatte“.
Und, „mit seiner Rückkehr aus Paris im Jahr 1955 war der Tango Nuevo geboren“.
Und, dieses Goldene Zeitalter des Tangos hat wohl – sicher beiläufig, aber für mich eben auch zwangsläufig – die Psychoanalyse lacanianischer Prägung und den Tango argentinischer Prägung zwischen Paris und Buenos Aires ausgetauscht.
(Quellen: 2)
Der Tango und die Psychonanalyse sind miteinander verwoben.
„Der Tango hat mit der Beziehung zwischen Mann und Frau zu tun. Da fließen Tango und Psychoanalyse ineinander über. Auf beiden Gebieten existiert etwas, das unfaßbar bleibt. Denn der Tango besitzt dieselbe Struktur, die Lacan beschreibt. Nie wird es erfüllt, immer bleibt es Phantasie und Stimulanz.“ (Manuel Andújar.; aus: Tango komplex, S. 71)
„Wie viele andere habe auch ich mich jahrelang analysiern lassen. Für uns ist das eine natürliche und instinktive Sache.“ (Sylvia Gaudín)
„Die meisten Leute hier sind Lacanianer“, antwortet der Fahrer mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt. „Wenn sie mehr darüber wissen wollen, erkundigen Sie sich an den Kiosken an der Avenida Corrientes oder in der Subte, unserer U-Bahn. Dort verkauft man die Bücher von Freud und Lacan.“
„Auf Schritt und Tritt begegneten mir Porteños, die sich analysieren ließen, die Putzfrau einer Freundin, der Mechaniker an der Straßenecke, der Geiger eines bekannten Tango-Orchesters. Und alle gaben mir bereitwillig Auskunft über ihre Therapie-Erfahrungen.“
(Quellen: 3)
Buenos Aires, city of tango and psychoanalysis
„We portenos like to talk more than we like to listen“, Marcelo Peluffo, one such disciple of Sigmund Freud and Jacques Marie Emilie Lacan told AFP (Argentine Psychoanalytic Association; one of the World’s largest with 1,200 members), referring to residents of this city of three million.
For every 120 inhabitants in this bustling metropolis, a psychologist is on hand.
Country-wide, some 50,000 psychologists compete for business, which amounts to an average of one practitioner for every 690 residents — three times more than in the United States.
Wie in keinem anderen Land außerhalb von Frankreich stieß das Werk Jacques Lacans mit seiner These von der sprachlichen Struktur des Unbewussten in Argentinien auf großes Interesse.
1974 gründete der argentinische Philosoph und Lacan-Anhänger Oscar Masotta zusammen mit argentinischen Psychoanalytikern die Escuela Freudiana de Buenos Aires (EFBA), die den Beginn einer starken lacanianischen Bewegung in Argentinien markierte.
1979 spalteten sich die Lacanianer erstmals. Der inzwischen nach Barcelona emigrierte Masotta initiierte die Escuela Freudiana de Argentina (EFA), aus der heraus sich in den folgenden Jahren zahlreiche lacanianische und postlacanianische Kleingruppen bildeten.
Seit 1992 gibt es in Buenos Aires eine an Jacques Lacan orientierte Vereinigung, die Escuela de la Orientación Lacaniana (EOL).
Ende 1990 gab es in Argentinien ca. 2.500 PsychoanalytikerInnen aller Richtungen.
The WSJ cites a recent survey suggesting that 32% of Argentinians have seen an analyst at some point in their lives.
(Quellen: 4)
Warum eine lacanianische Ausrichtung
The Argentinians have a joke that says, “There is a Lacanian Institute on every corner in Buenos Aires”. “When it comes to choosing a psychoanalyst, we are like women searching for the perfect perfume. We try a bit of this and a bit of that before eventually arriving at the right fit.”
Lacan’s works enjoyed a consideration and influence seldom found outside France.
Offensichtlich haben der Tango und die Psychoanalyse Gemeinsamkeiten, was sich etwa im „Psychotango“ oder den tangoaffinen Psychotherapien zeigt, oder aber einer gemeinsamen Basis aus Gefühlen von Verlust, Melancholie, Sehnsucht, Intimität, sexuellem Begehren, Phantasie bis hin zu Mikroaustauschprozessen und was eben noch so als Gemeinsamkeit gilt.
And there are the best books on Argentina and Psychoanalysis recommended by Chris Moss.
„I think people flee to the place that outwardly, concretely reflects their inner psychological turmoil.“ (Moss zu: Freud in the Pampas by Mariano Plotkin)
Der Tangon ist ein Symptom, wie gesagt, ein Symptom für den symbolischen Ausdruck des Realen, oder „das Loch im Zentrum des Realen“ – what ever this my be.
(Quellen: 5)
(Quellen: 1)
https://www.ina-tango.de/über-tango/zur-geschichte-des-tango/;
https://de.wikipedia.org/wiki/Tango_Argentino; https://www.europa.clio-online.de/essay/id/fdae-1565;
http://www.musikurlaub.com/musikarchiv/tango/tango_argentino.html;
https://www.bpb.de/apuz/156355/tangomanie-die-erste-tanzwelle;
https://www.mainpost.de/regional/bad-kissingen/beim-tango-ist-jeder-schritt-gefuehl-art-6986294; https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14342396.html;
https://shop.nzz.ch/filme/gesellschaft/5036/dieseeledestangos;
Astrid Eichstedt/Bernd Polster, Wie die Wilden. Tänze auf der Höhe ihrer Zeit, Berlin 1985. Lang, K. (2015). Tango in Paris und Berlin. Eine transnationale Geschichte der Metropolenkultur um 1900. Transnationale Geschichte 5. Göttingen. Vandenhoeck & Ruprecht)
(Quellen: 2)
https://www.br-klassik.de/programm/sendungen-a-z/mittagsmusik/astor-piazolla-bandoneon-mittagsmusik-thema-der-woche-100.html; https://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Lacan;
Histoire de la psychanalyse en France, vol. 2, Paris: Le Seuil 1986 (réédition Fayard 1994) (Standardwerk zur Geschichte der französischen Psychoanalyse, dt. Teilübersetzung: Wien – Paris. Die Geschichte der Psychoanalyse in Frankreich. 1885–1939, Weinheim, Berlin: Quadriga Verlag 1994;
https://www.lacanonline.com/2010/05/what-does-lacan-say-about-affects/;
Žižek, S. (2020). Lacans politische Klinik des Seins. Klostermann Essay 4; Jablonka, F. (2912) “Lacanismus II”, in Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus, Vol. 8.I. éd. Wolfgang Fritz Haug. Berlin : Argument Verlag, 2012, colonnes 585-593;
https://www.psychoanalytikerinnen.de/lateinamerika_geschichte.html;
https://mindhacks.com/2009/11/17/the-argentinian-love-affair-with-psychoanalysis/).
(Quellen: 3)
https://www.matices-magazin.de/archiv/13-tango-nostalgie-und-tradition/unstillbare-sehnsucht/;
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(Quellen: 4)
https://www.bangkokpost.com/world/308448/buenos-aires-city-of-tango-and-psychoanalysis;
https://www.psyalpha.net/de/chronik/ipv-internationale-psychoanalytische-vereinigung/lateinamerika/argentinien/psychoanalyse-argentinien-anfaenge-chronologie;
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Neuburger, R. P.F (1999). Freud (und Lacan) im Alltagsleben. Zur Geschichte der rezenten Entwicklung der Psychoanalyse in Argentinien. Texte aus dem Colloquium Psychoanalyse 3 (5), 1999, 130-139;
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(Quellen: 5)
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Guina, H & Murcia, C.O. (2017). Tango in der Psychotherapie. Ernst Reinhardt Verlag;
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Kämpfe, V. (2008). Tango als Ausdruck der Melancholie in der modernen Gesellschaft: Einblicke und Ausblicke aus melancholischen Welten. Diplomica Verlag;
Reichardt, D. (1984). Tango, Verweigerung und Trauer. Suhrkamp Tauschenbuch;
Ulecia. L. (2015). Tango und Melancholie. Die Feinheiten des melancholischen Gefühls in der Poesie des argentinischen Tangos. Seminararbeit, Universität des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, https://www.uni-frankfurt.de/62387242/Ulecia__Tango.pdf;
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https://fivebooks.com/best-books/argentina-psychoanalysis-chris-moss/;
https://lacan-entziffern.de/reales/das-loch-im-zentrum-des-realen/)