Zur Bedeutsamkeit des Tango

Vielleicht kann der Eine oder die Andere den Texten etwas abgewinnen.

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Roberto Bravo (Piazzolla)

Tango ist signifikant

Für den, der sich als Tanguer(o/a) bezeichnen würde, ist Tango bedeutsam.

Die, die beim Tango bleiben, bleiben nicht zufällig dabei; lernen ihn als wesentlich kennen, als Ausdruck ihres Wesens.

signifikant (v. lat.: significans, „bezeichnend, anschaulich“; von signum, „Zeichen“)

  1. in deutlicher Weise als wesentlich, wichtig, erheblich erkennbar
  2. zu groß, um noch als zufällig gelten zu können

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Signifikant; https://www.duden.de/rechtschreibung/signifikant)

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Der Tango ist ein leerer Signifikant

Für den, der sich als Tanguer(o/a) bezeichnen würde, ist Tango so bedeutsam, dass er letztlich nicht genau sagen könnte, was er für ihn bedeutet; so bedeutsam eben, dass er ihn, den Tango, nicht auf eine Sache reduzieren wollte, die ihn, den Tango, aber auch ihn, den Tanguer, in abschließende Worte fassen könnten, um ihn, den Tango, für jede Bedeutung offen zu halten, die sich ergibt, die sich mit jedem Schritt erst ergibt.

Signifikant: Ein Signifikant (Ausdrucksseite eines sprachlichen Zeichens; das Bezeichnende) bezeichnet etwas (das Signifikat, die Inhaltsseite eines Zeichens, das Bezeichnete). 

z.B. Der Tango ist (bezeichnet) eine Stimmung, reine Melancholie, Trauer, Innigkeit …. und vieles mehr. 

Tango steht für alles, was ein Tanguer mit dem Tango verbindet; angefangen von seiner Vorstellung über „Milonga“, bis hin zu seinem Gespür für „diesen Geruch unserer Umarmung“.

Tango ist weniger das, was das gesprochene Wort „Tango“ bezeichnet (z.B. seine lexikalische Bezeichnung, z.B. aus Wikipedia).

Tango ist eher ein Wort, das ein geistiges Bild, eine innere Vorstellung hervorbringt, eine Vorstellung, die in uns aufsteigt, wenn wir beginnen vom Tango zu sprechen, wenn wir beginnen uns auf die Milonga einzustimmen, wenn wir in die/in der Umarmung gehen.

Eine lexikalische Tangodefinition, wie etwa in https://de.wikipedia.org/wiki/Tango_Argentino, die sagt: „Mit dem Oberbegriff Tango wird sowohl der Tanz als auch die Musikrichtung Tango verstanden. Dabei hat der Tango auch in der Dichtung und im Gesang eigenständige Ausdrucksformen hervorgebracht. … ist nicht das, was der Tango Argentino ist.

Denn letztlich ist der Tango nichts, was man darüber aussagen könnte – denn …

„das Wort Tango bezeichnet nicht nur etwas, sondern ruft dieses Etwas erst hervor“.

Leerer Signifikant: Ein leerer oder reiner Signifikant ist letztlich Inhaltsleer (ohne Signifikat), ohne eine genau zu bezeichnende Bedeutung; eine Bezeichnung für etwas, das so Mehrdeutig (ambigue) ist, das damit am Ende aller Worte nichts zu bezeichnen ist. 

Tango ist die Worthülse, der Platzhalter, in den der Tanguer das einfügt, was seine Vorstellung vom Tango ist, was der Tango allein für ihn bedeutet.

Eine Worthülse, die es ihm dadurch, dass sie nichts festlegt, erst ermöglicht, über Tango etwas zu sagen.

„Und wenn alles über den Tango gesagt ist, dann erst fängst du an, ihn zu begehen, dich darin zu äußeren, darin dein Inneres nach Außen zu bringen!“

„Irgendwann, wenn alles gut verläuft, verliert der Tango seine Bedeutung und wird zu (m)einer Haltung!“

Aber: „Heute, rückblickend, musste ich wohl so viel darüber nachdenken und sprechen, erst dadurch hat der Tango seine Bedeutungen verloren, die inneren Bilder, die vor, während oder nach der Tanda anwesend waren!“

„Tango, das war viel zu lange m/ein Phantasma!“

(Quellen: https://lacan-entziffern.de/signifikant/signifikant-signifikat/; Evans, D. (2002). Wörterbuch der Lacan´schen Psychoanalyse (s. 268). Wien: Turin & Kant, https://www.turia.at/titel/evans_s.php)

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Der Tango ist ein Symptom

Für den, der sich als Tanguer(o/a) bezeichnen würde, ist Tango so bedeutsam, dass er nicht umhin kann, als sich darin einzubringen, sich darin zu zeigen, sich darin auszudrücken.

Trotz aller Konvention, bei der Aufforderung zur Tanda, der Sacada, dem Ocho, der Ethik des Blicks, die Tanguer (ob männlich oder weiblich positioniert) verhalten sich stets auf für sie typische Art und Weise.

Dieses Typische trifft sich in der Tanda und markiert sie als typisch, für ihn, für sie, für beide.

Es ist nicht nur das Typische, das den Typ Tanguer(a/o) markiert, nicht etwas, was ihm lediglich äußerlich erkennbar anhaftet.

Das je Typische ist symptomatisch für den Tanguer(o/a); es sagt etwas aus über ihn/sie – in jedem Fall und immer.

Und es ist daher gut, dass es die Etikette gibt, das es etwas gibt, dass hilft, seinen Typ, seine Art und Weise, sein Symptom in Konventionen zu kleiden, und in konventionellem Rahmen zu bewegen, bei all dem, was die Tanda von ihm und ihr er-fordert, wenn er sich darin einbringt, zeigt, ausdrückt – Konvention ist das A und O der Milonga – das/der Andere/Other des Tanguer, das Gesetz des möglichen Geniessens.

Gleichgültig wie gut oder schlecht es sich für Sie als Tanguer-A und Ihn als Tanguer-O in der Tanda fügt, ob es sich im Schämen zeigt, wenn A/O sich ungeschickt bewegt, oder im Stolz darauf, dass es den Tango virtuos beherrscht, oder aber A/O im Sich zeigen vorgeben („to pretend to be“), sie hätten den „Geist des Tangos“ empfangen. Es stolpert, stampft und torkelt sich etwas zurecht, dreht sich um jemanden Andere/Other und zwingt sein lebendiges Sein in eine „tango-argentinische“ Ausdrucksform, eine Konvention, die A/O lesen kann oder eben nicht, auf die A/O nur aufgrund dieser Form eine Antwort zu geben vermögen.

Und wenn dies gelingt, wenn das Typische sich trifft, beim virtuosen Stolpern, dann steigt der Nutznieß auf, diese Rührung des „Tango“ (lateinischen Verb tangere; tango = ich berühre), dieses Mehr-Genießen.

Und wenn der Tanguer(o/a) bemerkt, nachträglich erst bemerken, dass Schritte, Figuren, Regungen einer Tanda Da-gewesen-sind, von denen er nichts wusste, als er sie hatte, dann war es real, oder lebendig, war es ein Sein ohne es zu haben, ein Gewesensein, das etwas nachträgt – und das erst ist befriedigend, dieses nachträgliche ist die Befriedigung, die eine lebendige Tanda mit-/bringt.

Und ja: Diese Rührung/Befriedigung kann auch jede Bewegung, jeden Schritt begleiten.

(Quelle: Morel, G. (2017). Das Gesetz der Mutter. Kapitel IV: Das Symptom beseitigt das Symbol (s. 105ff). Wien: Turia & Kant, https://www.turia.at/titel/morel.php)

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